Neben sexuellem Missbrauch soll im Benediktinerinternat Kloster Ettal bis etwa 1990 «systematisch und brutal geprügelt» worden sein. Wie der unabhängige Sonderermittler der Abtei, Rechtsanwalt Thomas Pfister, am Freitag sagte, betreffen die Vorwürfe nach heutigem Kenntnisstand rund zehn Patres. «Im Zweifelsfall» gehe er aber von einer deutlich höheren Zahl aus. Ein Pater hatte sich zudem vergangene Woche selbst angezeigt, da er kinderpornografische Filme aus dem Internet heruntergeladen hatte.
Rund 100 Opfer waren laut Pfister bis 1990 von den Benediktinerpatres geschlagen worden. Der Sonderermittler sprach mit Blick auf das Kloster von einer «Kultur des Schweigens und des Wegsehens».
Der in leitender Position tätige Benediktiner Johannes Bauer, gestand, selbst in den 80er Jahren Kinder «körperlich misshandelt und gedemütigt» zu haben. «Mehrere von uns waren damals regelrecht brutal». Mehrmals betonte Bauer auf der Pressekonferenz im Kloster: «Es tut mir leid». Er bat die Betroffenen, sich bei ihm zu melden, «damit ich sie persönlich um Verzeihung bitten kann».
Wegen seiner Taten zurücktreten wolle er nicht, sagte der Pater. Er sei seit seinem damaligen Dienst als Erzieher im Internat nicht wieder im pädagogischen Bereich tätig gewesen. Seine heutige Aufgabe als Wirtschaftsverwalter unterscheide sich deutlich von der Arbeit in Schule und Internat. Bauer versicherte zudem: «Ein Wegschauen und ein nicht Wahrhaben wollen darf es bei uns in Ettal nicht geben.» Auch Rechtsanwalt Pfister betonte, «dass sich die Zeiten in Ettal grundlegend geändert haben».
Im konkreten Fall eines Paters, der bis vor kurzem unterrichtet hatte und noch im vergangenen Jahr zwei Schüler der fünften Klasse geschlagen hatte, kam es auf der Pressekonferenz jedoch zu einem Eklat. Der kommissarische Schulleiter Wolf Rall warf Pfister vor, ihn falsch zitiert zu haben. In diesem konkreten Fall habe es sich lediglich um «leichte Kopfnüsse» gehandelt. Auch die betroffenen Schüler hätten von «Spaß» gesprochen. Pfister widersprach dem vehement und berief sich auf die Aussagen von Schülern, mit denen er selbst gesprochen habe.
Pfister bestätigte zudem, dass die Durchsuchungen der Münchner Staatsanwaltschaft im Kloster am Mittwoch wegen der Ermittlungen um Kinderpornos stattfanden. Neben dem Herunterladen von Kinderpornos aus dem Internet wird dem beschuldigten Pater vorgeworfen, in den Jahren 2000/01 Bilder von Klosterschülern mit nacktem Oberkörper auf Internetseiten für Homosexuelle veröffentlicht zu haben. Die Fotos seien auf Wanderausflügen entstanden.
Nach Angaben von Bauer wurde der beschuldigte Geistliche «mit sofortiger Wirkung von allen pädagogischen und seelsorgerischen Aufgaben entbunden». Er wolle sich von einem «namhaften Spezialisten» untersuchen lassen und anschließend in Therapie gehen.
Mit Blick auf die sexuellen Missbrauchsfälle im Kloster Ettal bestätigte Bauer den Fall eines inzwischen verstorbenen Mitbruders. Ein zweiter Fall, in dem ein Ordensmann 2005 Schüler im Gesicht, am Oberkörper, den Armen und Beinen gestreichelt sowie sie auf seinem Schoß sitzen lassen haben soll, liegt derzeit bei der Staatsanwaltschaft München.
Zu diesem Fall könne man keine abschließende Bewertung vornehmen. Nach momentanem Kenntnisstand hat sich der beschuldigte Pater laut Rechtsanwalt Pfister «distanzlos» verhalten. Es sei fraglich, «ob der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs erhoben werden kann». Es stünden aber noch weiterreichende Anschuldigungen im Raum. Ein 2005 beauftragter Gutachter hatte festgestellt, es gebe keine «grundsätzlichen Bedenken, den Pater in der Seelsorge einzusetzen».
Pfister zufolge gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der zurückgetretene Abt des Klosters, Barnabas Bögle, sowie der ebenfalls zurückgetretene Prior und Schulleiter Maurus Kraß 2005 etwas vertuscht haben.
Laut dem Sonderermittler erhebt auch ein Mönch selbst den Vorwurf, missbraucht worden sein. Zu diesem Zeitpunkt habe er schon dem Orden angehört. Nähere Angaben wollte der Rechtsanwalt zu dem Fall aber nicht machen. (ddp)
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